29.
Sam Shields arbeitete fieberhaft an Birth of a Star sowohl am Drehbuch, als auch an den Vorbereitungen für die Produktion. Er schlief mit April, dachte aber immer häufiger an Jahne Moore. Zudem litt er unter ständiger Müdigkeit.
Hätte er sein Arbeitspensum reduzieren dürfen, hätte er am liebsten April gestrichen. Doch das konnte er nicht. Sie hatte ihm verziehen, daß er mit Crystal Plenum herumgespielt hatte. Gleichzeitig hatte sie keinen Zweifel daran gelassen, daß sie es Sam übelnehmen würde, sollte das noch einmal vorkommen. Und eine rachsüchtige April Irons konnte Sam sich nicht leisten.
Momentan suchte er nach einem Regieassistenten, einem Assistant Director. Sam hatte bei Jack and Jill einen gehabt, ihn aber praktisch nicht gebraucht. Doch Jack and Jill war ein unbedeutender Film gewesen.
Auf der Bühne brauchte man keine Regieassistenten, nur beim Film. Er half Zeit und Geld sparen, indem er Außenaufnahmen machte, die ohne Schauspieler gedreht wurden, und der für Untermalungen oder schnelle Schritte beispielsweise auf Gebäude der Straßennamen — zur Orientierung des Zuschauers — zuständig war.
In diesem Fall ließ Sam sich dazu überreden, A. Joel Grossman als Regieassistent zu nehmen. Joel hatte gewisse künstlerische Ambitionen und taugte zumindest dazu, mit dem Notizbuch hinter Sam herzulaufen.
Ganz anders gestaltete sich die Auswahl des übrigen Ensembles. Die wenigsten Schauspieler brachten es fertig, den Text vernünftig zu lesen oder gar frei vorzutragen.
Sam verglich sie mit Jahne Moore, die ihn bei ihrem ersten Vorsprechen begeistert hatte. Seit acht Uhr früh saßen sie nun im Vorführraum und hakten einen schlechten Schauspieler nach dem anderen ab. Inzwischen war es vier Uhr nachmittags.
»Da waren meine Leute in New York besser. Jeder einzelne von ihnen. Die konnten wenigstens lesen. Hollywood!« Sam sparte sich den Rest. April mochte es nicht, wenn er Hollywood schlechtmachte. Verächtlich nannte sie ihn mitunter Mr. Off-Broadway.
Wieder schweiften seine Gedanken zu Jahne Moore ab. Er wußte, daß sie ihre Rolle bereits auswendig konnte. Dabei hatten die Proben noch nicht einmal begonnen. Sie war intelligent, verstand es, hart zu arbeiten und war eine gute Schauspielerin. Die Filmarbeiten mit ihr würden eine wahre Freude werden. Sam hatte Jahne wegen der Nacktszene beruhigt und mochte es, wie sie sich die Bälle gegenseitig zuspielten. Mal gab der eine, mal der andere. Jahne war Profi, doch gleichzeitig erfrischend humorvoll. Nicht so knallhart wie April. Eine dynamische Frau, die verwundbar geblieben war.
Anfangs beeindruckte Sam an Jahne nur ihr Aussehen. Später gesellten sich Bewunderung für ihr Talent, ihre Fähigkeit zum Mitdenken und ihre berufliche Einstellung hinzu.
April kritisierte häufig das Drehbuch. Auch jetzt wieder. Meist hatte April mit ihrer Kritik recht. Das mußte sogar Sam zugeben. Er selbst fand nicht gut, was er bisher zustande gebracht hatte.
Sam kannte sich nur auf seinem Gebiet aus, April auch auf anderen, die zum Filmgeschäft gehörten, wie etwa der Finanzierung. Sie war klug und zäh wie ein Mann und besaß mehr Sex-Appeal als die meisten Frauen. Das gefiel Sam. April war eine Klasse für sich. Ein Rolls Royce unter den Frauen.
Doch sie vermittelte auch Sam oft Minderwertigkeitsgefühle. Die kannte er sonst bei seinen Beziehungen zu Frauen nicht. Sie dominierte ihn. Nicht in sexueller Hinsicht. Sie war zwar eine Wildkatze, doch da konnte er mithalten. Es ging auch nicht um das, was sie sagte oder tat. Er spürte nur, daß sie sich ihm nicht unterordnete, obwohl sie ihn mochte. Nach Sex mit anderen Frauen wußte Sam, daß er einen Eindruck hinterlassen hatte. Bei April merkte er, daß sie davon völlig unberührt blieb.
Dazu kam das Problem mit Michael McLain. Sam konnte den Mann, der von seinem Ruf als Casanova zehrte und nicht von seiner schauspielerischen Qualität, nicht leiden. Vielleicht hatte April insofern recht, als McLain sich bereits auf dem schlüpfrigen Weg nach unten befand und gerade darum die Rolle würde spielen können.
Leider hatte Michael McLain die Rolle zwar angenommen, wollte sie aber jetzt nicht spielen. Warum nicht? Die Rolle verlangte von ihm schließlich nur, er selbst zu sein. Doch er bestand auf »Verbesserungen«. Er wollte die Rolle als Aufsteiger mit Charme spielen. Ein Unding. Verzweiflung war gefragt. Er hatte tatsächlich vorgeschlagen, statt des Selbstmordes im Meer solle James Judy vor dem Ertrinken retten. Das stellte den Sinn des Films auf den Kopf.
Glücklicherweise unterstützte April Sam in diesem Punkt. Sie erklärte kategorisch: »James begeht Selbstmord. Etwas anderes kommt nicht in Frage.« Doch Sam schauderte, wenn er sich vorstellte, wie das ausgegangen wäre, hätte April in nicht unterstützt.